München

München im Regen

28.09.2022

Es regnet und es wird früh dunkel. In der Stadt gehen langsam die Lichter der Straßenbeleuchtungen und Schaufenster an. Busse, Straßenbahnen und Autos haben schon längst die Scheinwerfer aufgedreht. Jetzt wirkt die Stadt ganz anders, als man sie aus diversen Hochglanzprospekten kennt. Die Zeit für experimentierfreudige Fotografinnen und Fotografen ist gekommen. Auch wenn man es vielleicht nur schwer glauben möchte: Die Häuserschluchten und sonst so belebten Straßen bieten ein reichhaltiges Spektrum an Motiven. Denn auf den Kopfsteinpflastern spiegeln sich die Lichter und tauchen die Umgebung in eine überraschend bunte Szenerie. Langzeitbelichtungen lassen Menschen aus den Bildern verschwinden und zeichnen die Lichtstreifen der Autos auf. Auf dem Marienplatz tauchen die schweren Laternen die Mariensäule in gelbliches Licht. Zu vorgerückter Stunde verbreiten sie so etwas wie Gruselstimmung. Das geheimnisvolle München erwacht bei Dunkelheit und Nässe.

Von Fahrradklingeln und Geländern perlt das Wasser ab. Auf den Liebesschlössern, die auf den Gittern der Hackerbrücke angebracht wurden, sammeln sich ebenfalls unzählige Regentropfen, so lange, bis sie schwer genug sind und auf die Gleise fallen. Die Lichter von Trambahnen und Bussen verschwinden in der Dunkelheit, nachdem sie die Haltestellen verlassen haben. Zurück bleiben nasse Gleise und leere Wartebänke.

Apropos Trambahnen: Bei Regen lässt sich wunderbar trocken die Stadt aus dem sympathischen Verkehrsmittel heraus erkunden. Nicht wenige Münchnerinnen sowie Münchner dürften sogar schon mal ein erstes Date auf der legendären Linie zwischen Pasing und Trudering gehabt haben. Ein kleiner Tipp: Wer bei einer der Endhaltestellen einsteigt, kann sich die Logenplätze ganz hinten ergattern. Dann genießt man die beste Aussicht, wenn die Tram durch die hell erleuchtete Maximilianstraße mit ihren Luxusgeschäften weiter in Richtung Bayerischer Hof, Stachus und Hauptbahnhof gondelt. Und hier auch noch ein kleiner Tipp für Fotobegeisterte, die auf dieser Route unterwegs sind: Das Hochhausensemble Bavaria Towers in Bogenhausen an der Einsteinstraße, Ecke Prinzregentenstraße, ist für Fotografinnen und Fotografen ein lohnenswerter Stopp auf dem Weg der Linie 19. Die Tram hält genau davor.

Wer mehr auf eine kontemplativ-geistige Beschäftigung steht, der sollte in der Bayerischen Staatsbibliothek vorbeischauen. Auf Wissensdurstige warten dort mehr als zehn Millionen Bücher. Die Lesesäle versprühen gerade zur dunklen und regnerischen Jahreszeit eine gemütliche Atmosphäre unter Gleichgesinnten. Aufgrund von Covid ist für den Besuch aktuell eine Voranmeldung erforderlich (Infos unter: https://www.bsb-muenchen.de/).

Wer komplett trocken bleiben möchte, der ist im kostenlos zugänglichen Museum für Abgüsse Klassischer Bildwerke (Katharina-von-Bora-Straße 10) gut aufgehoben. Dort kann man gemütlich zwischen rund 2.000 Gipsrepliken klassischer Bildwerke wandeln und ebenfalls tolle Fotos machen, wenn einem danach ist. In Gesellschaft von Caesar, Herkules oder Aphrodite hört man hier gemütlich dem Regen zu, wie er auf das durchsichtige Dach des Museums prasselt.

Thorsten Naeser
Thorsten Naeser ist Journalist, Fotograf und PR-Referent an der Ludwig-Maximilians-Universität in München.


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