München

Street-Art in München

02. Juni 2020

Augen zur Wand gerichtet: Unter dem Friedensengel, an Fassaden und an Brücken sprüht unsere Stadt vor Kreativität. Die Stadt München war sogar die Pionierin der Graffitibewegung in Deutschland.

Es war zwar nicht das erste Graffiti in Deutschland, aber das wohl wirkungsvollste: In der Nacht vom 23. auf den 24. März 1985 besprühten sieben Jugendliche einen kompletten Zug der Linie S4. Legal war das nicht. Aber es sorgte für internationalen Aufruhr und ging als „der erste Wholetrain Deutschlands“ oder „Geltendorf-Train“ in die Geschichte ein. Für Sprayer Cryptic2 alias Mathias Köhler war es der Beginn seiner Karriere. Heute nennt er sich Loomit und gehört zu den prominentesten Graffitikünstlern Deutschlands. Seine Werke sind in China, Südamerika, der Ukraine, in vielen Ländern Europas und in den USA zu bestaunen. Auch im Badezimmer von Münchens früherem Oberbürgermeister Christian Ude und an diversen öffentlichen Orten unserer Stadt.

„Aber was ist denn nun legal und was nicht?“, mag sich der eine oder andere jetzt fragen, wenn er durch die Stadt fährt und auf Comics, Monster, Gnome, das Münchner Kindl in allen erdenklichen Interpretationen, Schriftzügen und schrillbunte Figuren stößt. Das Kulturreferat hat diverse Orte für Straßenkunst offiziell genehmigt, soweit als Kurzinfo. Einige Flächen im Werksviertel-Mitte gehören dazu und im Schlacht- bzw. Viehhof sind es die „Wall of Fame“ an der Tumblingerstraße und einige Flächen im Gelände von Bahnwärter Thiel. Für Laien mag es hier wie dort chaotisch an den Wänden aussehen. Für Sprayer ist es das Paradies.

Unter dem Friedensengel regiert Loomit

Nicht jeder Sprayer hat ein solches Standing wie Loomit, der Wholetrain-Rebell aus den 1980er Jahren. Der Tunnel unter dem Friedensengel bzw. unter der Luitpoldbrücke ist quasi der seine. Gemeinsam mit anderen Künstlern, die er höchstpersönlich aussucht, hat er hier eine Vorzeige-Street-Art-Gallery erschaffen. Radlern, Joggern und Spaziergängern dürfte sie bekannt sein. Als Autofahrer haben Sie womöglich schon die kunstvolle Donnersbergerbrücke bemerkt. Wussten Sie, dass hier zwischen parkenden Autos und einem Dönerimbiss die größte Freiluftgalerie Deutschlands liegt? Neben Loomit haben sich hier auch andere Münchner Graffitikünstler ausgetobt: Sat One, WON ABC, Blauer Vogel und Beastistyles.

Für ein jährliches Event steht die Brudermühlbrücke bereit. Bereits seit 1996 werden die Brückenpfeiler von jungen Künstlern kreativ und wild gestaltet. Ganz offiziell. Das Kulturreferat steht hinter der Aktion. Die Färberei, eine Einrichtung des Kreisjugendrings, organisiert die jährliche Umgestaltung. Für Künstler im Alter von ca. 16 bis 50 Jahren ist das ein Traum: Mithilfe von über 550 Sprühdosen in allen erdenklichen Farben können sie die gesamte Fläche bemalen wie sie möchten.

Erleben Sie eine „Street-Art-Safari“ mit Martin Arz – Autor, Maler und Szenekenner

Mit Martin Arz diverse Werke gründlich zu durchleuchten und Fachwissen vermittelt zu bekommen ist ein spannendes Erlebnis. Der Wahlmünchner bietet seit rund zehn Jahren Führungen abseits der Trampelpfade an. Im Bereich Street-Art ist er ein echter Insider. Für seine eigene Kunst bevorzugt er Leinwände. Schon zwei Bücher über die Münchner Streetart-Szene hat er veröffentlicht, Loomit kennt er persönlich. Und welcher Künstler was an die Wand gemalt hat, weiß er auch ganz genau: an Hand der verschiedenen Techniken wie „Style Writing“, der Schablonentechnik oder dem Comicstil und aufgrund der Themen. Viele Künstler malen ihre Wut oder ihre Kritik an der Gesellschaft an die Wand.

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