München

Schutz vor Betrug bei Kleinanzeigen – Tipps von der Polizei München

6. April 2023

Mit rund 36 Millionen aktiven Nutzern im Januar 2023 ist Kleinanzeigen das größte Portal für Online-Kleinanzeigen in Deutschland. Hier verkaufen und kaufen Menschen gebrauchte Gegenstände schnell und simpel. Allerdings macht dieser Erfolg die Plattform äußerst attraktiv für Betrug. Die Berichte über Betrugsfälle, bei denen sowohl Kaufende als auch Verkaufende Opfer geworden sind, häufen sich. München ist davon nicht ausgenommen.

Wir haben deshalb mit Kriminalhauptkommissarin Viktoria Caye aus dem Kommissariat 77  über die häufigsten Betrugsmaschen und Tipps zur Vorbeuge gesprochen.

Wurden Sie schon mal auf einer Plattform wie eBay Kleinanzeigen betrogen?


Ja
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Nein
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Frau Caye, im Internet stoße ich auf ein sehr günstiges Smartphone, das gebraucht verkauft wird. Wie kann ich ausschließen, dass Betrügerinnen bzw. Betrüger dahinterstecken?

Viktortia Caye: Zunächst muss gesagt werden, dass es keine hundertprozentige Sicherheit gibt. Man kann jedoch auf verschiedene Dinge achten, um das Betrugsrisiko so gering wie möglich zu halten. Es macht einen Unterschied, ob Sie von einer Privatperson kaufen möchten oder von einer Firma.

Bei einer Privatperson können Sie schauen, wie lange die Person schon auf der Plattform angemeldet ist. Wenn sie erst seit zwei Tagen registriert ist, hat sie möglicherweise noch keine Bewertungen. Aber wenn der Account schon länger aktiv ist, gibt es vielleicht negative Bewertungen, die Hinweise geben. Außerdem können Sie sich die angegebenen Standortdaten anschauen. Wenn die Verkäuferin bzw. der Verkäufer sagt, sie bzw. er sei in München ansässig, aber im Profil ist Nordrhein-Westfalen angegeben ist, dann passt das nicht zusammen.

Kriminalhauptkomissarin Viktoria Kaye aus dem Kommissariat 77

Weiterhin sollte man immer auf eine Zahlung über einen gesicherten Zahlungsdienstleister, wie zum Beispiel PayPal, bestehen. Ganz wichtig ist der Käuferschutz, also nicht über die Freunde-Option bezahlen. Ja, bei der Option Waren und Dienstleistungen werden Gebühren fällig, aber ich denke, das lässt sich verschmerzen, wenn man den Schaden im Nachhinein nicht hat. Zudem ist wichtig zu wissen, dass der Käuferschutz bei PayPal nur greift, wenn die Ware auch tatsächlich und ausschließlich an die bei PayPal hinterlegte Adresse versandt wird.

Eventuell können Sie auch nach einem Kassenbeleg oder einer Rechnung zu diesem Smartphone fragen. Ist es nämlich Ware, die die Täterin bzw. der Täter gar nicht hat, wird sie bzw. er den Kassenbeleg in der Regel nicht vorlegen können. Natürlich kann ein Account immer noch missbräuchlich verwendet werden, es können Kassenbelege gefälscht oder deren Bilder geklaut worden sein. Dennoch bieten die eben genannten Aspekte einen guten Anhaltspunkt, um betrügerische Verkaufsanzeigen erkennen zu können.

Mann shoppt im Internet und nutzt dabei gleichzeitig Smartphone und Laptop

Möchten Sie bei einer Firma kaufen, sollten Sie schauen, ob auf der Firmen-Webseite ein Impressum vorhanden ist und ob es die Firma tatsächlich gibt. Wir hatten oft Fälle, bei denen Leute bei einer Firma eingekauft haben, die vorgeblich ihren Sitz in Berlin hatte. Hat man die Adresse aber bei Google Maps eingegeben, war ersichtlich, dass die Firma gar nicht existiert. In diesem Zusammenhang kann es auch oft helfen, den Firmennamen und Keywords wie Fake oder Betrug in eine Suchmaschine einzugeben. So kriegen Sie schnell heraus, ob dazu schon etwas vorliegt oder ob es Bewertungen zu dieser Firma gibt. Nichtsdestotrotz gibt es natürlich noch das Risiko, dass von der Täterin oder dem Täter Daten von real existierenden, seriösen Firmen missbräuchlich verwendet werden.

Grundsätzlich würde ich deshalb immer davon abraten, per Überweisung im Voraus zu bezahlen. Eine seriöse Firma wird in der Regel mehrere Zahlungsoptionen anbieten, zum Beispiel PayPal oder auch einen Kauf auf Rechnung. Außerdem sollten Sie auch bei Bezahlungen ins Ausland oder bei zugeschickten Links aufpassen. Weiterhin sollte man hellhörig werden, wenn Produkte sehr günstig angeboten werden und preislich deutlich unter anderen Anbieterinnen sowie Anbietern liegen.

„Eine seriöse Firma wird in der Regel mehrere Zahlungsoptionen anbieten, zum Beispiel PayPal oder auch einen Kauf auf Rechnung.“

Für Betrugsdelikte gibt es viele verschiedene Varianten und es kommen auch immer wieder neue dazu, andere wiederum verschwinden nach gewisser Zeit wieder. Grundsätzlich kann man aber viele Betrugsversuche erkennen, wenn man eine gesunde Skepsis an den Tag legt und sich nicht von günstigen Angeboten blenden lässt. Die oben genannten Punkte können zwar nicht ausschließen, Opfer zu werden, bieten jedoch hilfreiche Anhaltspunkte, um eine Betrugstat rechtzeitig zu erkennen.

Gibt es denn Produktkategorien, bei denen ich besonders vor Betrug aufpassen muss?

Caye: Leider nicht direkt. Insgesamt sind es aber hochwertige Produkte oder technische Geräte jeder Art, seien es Smartphones oder Notebooks, aber auch hochwertige Werkzeuge, Drohnen und Ähnliches. Alles, was viel Geld kostet, und bei dem die Käuferin oder der Käufer gerne ein gutes Schnäppchen machen würde.

Wenn ich mich für ein Produkt entschieden habe – welche Daten sollte ich beim Kauf auf keinen Fall weitergeben?

Caye: Ich würde davon abraten, die Bankverbindung weiterzugeben. Wie bereits erwähnt, würde ich auf sichere Zahlungsdienstleisterinnen und -dienstleister, wie zum Beispiel PayPal zurückgreifen oder Ware per Rechnung kaufen. Es gibt somit keine Notwendigkeit, die Bankverbindung anzugeben. Das gleiche gilt für Bilder von Ausweisen, Reisepässen oder Bankkarten. Lassen Sie sich gar nicht erst darauf ein. Es ist durchaus möglich, dass Sie selbst von der vermeintlichen Verkäuferin bzw. dem vermeintlichen Verkäufer ein Ausweisbild erhalten und diese bzw. dieser im Gegenzug eines von Ihnen verlangt. Es handelt sich hierbei in der Regel jedoch um missbräuchlich verwendete Bilder, die die Täterin oder der Täter zuvor auf demselben Weg erlangt hat. Schickt man ein Bild seines Ausweises, geht man das Risiko ein, dass dieses im Nachgang von der Täterin bzw. vom Täter für Betrugsdelikte verwendet wird.

„Schickt man ein Bild seines Ausweises, geht man das Risiko ein, dass dieses im Nachgang von der Täterin bzw. vom Täter für Betrugsdelikte verwendet wird.“

Reicht ein Verdachtsfall aus, um mich bei der Polizei zu melden?

Caye: Grundsätzlich ist es nicht so, dass jede Verkaufsanzeige, die einem komisch erscheint, auch tatsächlich in Zusammenhang mit einer Betrugstat steht. Hat man wirklich konkret die Vermutung, dass es sich möglicherweise um eine Betrugstat handeln könnte, besteht natürlich für alle die Möglichkeit die Plattformbetreiberin oder den Plattformbetreiber über dubiose Anzeigen zu informieren, sodass die Verkaufsanzeige zeitnah entfernt bzw. die Anbieterin oder der Anbieter gesperrt wird.

Es macht keinen Sinn, die Polizei bei jedem vagen Verdacht zu informieren. Bei konkreten Hinweisen auf eine vorliegende Betrugstat ist die Einbindung der Polizei jedoch angebracht.

Angenommen, ich habe einer Betrügerin oder einem Betrüger Geld überwiesen – was ist jetzt zu tun und was passiert auf Ihrer Seite?

Caye: Betroffene sollten unverzüglich ihre Bank über die Transaktion informieren. Möglicherweise besteht noch die Chance, eine Überweisung zu stoppen. Weiterhin sollte dann sofort die Polizei mit eingebunden werden, insbesondere bei Transaktionen, die nur wenige Stunden/Tage her sind. Durch die Polizei können gegebenenfalls auch Transaktionen ins Ausland gestoppt oder die weitere Verfügung verhindert werden.

Grundsätzlich prüft die Polizei bei einer Anzeige sämtliche Erfolgversprechende Ermittlungsansätze. Das können Telefonnummern, Accountnamen oder Ähnliches sein, insbesondere jedoch den Zahlungsfluss (PayPal-Adressen, IBAN usw.). Inwieweit sich daraus tatsächlich Erkenntnisse zur Täterin oder zum Täter ergeben, ist einzelfallbezogen.

Es sei an dieser Stelle noch erwähnt, dass es ein Irrglaube ist, dass die Polizei in Kürze Fakeshops vom Netz nehmen kann. Die Domains von Fakeshops werden in der Regel im Ausland gehostet. Oder anders formuliert: Die Internetadresse, die zu einem Fakeshop gehört, wird durch eine entsprechende Anbieterin bzw. einen entsprechenden Anbieter verwaltet. Diese Anbieter haben ihren Sitz in der Regel im Ausland. Bis über den internationalen Weg eine Abschaltung der Domain angeregt werden kann, nimmt die Anbieterin oder der Anbieter diese meist zuvor selbst vom Netz. Erfahrungsgemäß sind Fakeshops nur kurze Zeit online, tauchen jedoch in abgewandelter, ähnlicher Form meist wieder auf. Dies zu verhindern ist kaum möglich, weshalb es umso wichtiger ist, dass potenzielle Käuferinnen und Käufer entsprechend sensibilisiert sind.

Welche Betrugsmaschen fallen Ihnen denn besonders auf?

Caye: Da gibt es einmal den klassischen Warenbetrug, den Sie schon genannt haben. Sie zahlen für etwas, bekommen die Ware aber nicht. Dann gibt es noch häufig Fakeshops, bei denen Betrügerinnen bzw. Betrüger vorgeben, etwas zu verkaufen. Diese Shops existieren einzig und allein dazu, Menschen zu betrügen. Und dann gibt es noch den sogenannte Dreiecksbetrug, der immer wieder vorkommt. Diesen als Käuferin bzw. Käufer zu erkennen, ist sehr schwer, da man Ware kauft, diese bezahlt und tatsächlich auch bekommt.

Zum Abschluss: Wo kann man sich vorbeugend über die neuesten Betrugsmaschen informieren?

Caye: Die Polizeipräsidien, so auch das PP München, stellen bei ihren Internetauftritten sowie auf deren Social-Media-Kanälen regelmäßig neue Betrugsmaschen vor.

Schaubild Dreiecksbetrug

Weiterhin gibt es beim Polizeipräsidium München das Kommissariat 105 mit einem Fachbereich für Neue Medien und Internetkriminalität. Das K105 bietet Vorträge, Infostände im Rahmen von Veranstaltungen, Workshops und leistet Unterstützung bei Opferberatungen. Die Informationsnummer 089/2910 3434 steht Hilfe suchenden Bürgerinnen und Bürgern im gesamten Raum München in Zusammenhang mit Internetkriminalität jeglicher Art zur Verfügung.

Zuletzt gibt es auch noch verschiedene Internetforen wie zum Beispiel das Verbraucherschutz-Forum auktionshilfe.info in denen Betrugsmaschen dargestellt und verdächtige Bankverbindungen, Shops und Ähnliches benannt werden.

Vielen Dank für das Interview.

Gebäude des Polizeipräsidiums München
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